[Buchgedanken] Der Circle: Dave Eggers

!Achtung! könnte Spoiler enthalten

 

"Huxleys schöne neue Welt reloaded: Die 24-jährige Mae Holland ist überglücklich. Sie hat einen Job ergattert in der hippsten Firma der Welt, beim »Circle«, einem freundlichen Internetkonzern mit Sitz in Kalifornien, der die Geschäftsfelder von Google, Apple, Facebook und Twitter geschluckt hat, indem er alle Kunden mit einer einzigen Internetidentität ausstattet, über die einfach alles abgewickelt werden kann. Mit dem Wegfall der Anonymität im Netz – so ein Ziel der »weisen drei Männer«, die den Konzern leiten – wird die Welt eine bessere. Mae stürzt sich voller Begeisterung in diese schöne neue Welt mit ihren lichtdurchfluteten Büros und High-Class-Restaurants, wo Sterne-Köche kostenlose Mahlzeiten für die Mitarbeiter kreieren, wo internationale Popstars Gratis-Konzerte geben und fast jeden Abend coole Partys gefeiert werden. Sie wird zur Vorzeigemitarbeiterin und treibt den Wahn, alles müsse transparent sein, auf die Spitze. Doch eine Begegnung mit einem mysteriösen Kollegen ändert alles ..."

Titel der Originalausgabe: The Circle

Aus dem Englischen von Ulrike Waselund Klaus Timmermann

Neuerscheinung, 2015

Umfang: 592 Seiten

ISBN: 978-3-462-04854-4

Verlag: Kiwi

 

Ganz ehrlich: Dieses Buch hat mich geschockt! Und leider weiß man auch aus anderen, literarischen Werken und sogar dem echten Leben, wozu Menschen in der Lage sind.

 

Fazit: ❤❤❤❤❤★/❤❤❤❤❤

Dieses Buch bekommt für mich fünf von fünf Herzchen. Kurz vor dem Ende habe ich gedacht: Nein, so kann es doch nicht ausgehen und ich habe kurz überlegt, dem Buch nur 4,5 Herzchen zu geben. Doch das Ende hat mich nicht enttäuscht – zumindest auf literarischer Buchebene.

 

Eggers beschreibe in seinem Buch eine beängstigende Entwicklung, an deren Anfang wir jetzt schon stehen könnten. Soziale Netzwerke breiten sich aus und man lebt nur noch für die Anerkennung im Netz. Ständig online und erreichbar sein, gehört auch jetzt schon zu unserem Alltag. Viele Ansätze, die das Unternehmen durchsetzen will, sind oberflächlich gesehen vielleicht toll, aber auch wahnsinnig gefährlich. Menschen sollen transparent werden, es soll keine Geheimnisse mehr geben. Vielleicht hört sich das voll toll an, aber es ist ein Weg, der nicht in die richtige Richtung führt. Man kann verbrechen nicht bekämpfen, indem man die Menschen beobachtet. Dadurch, dass sie beobachtet werden und es wissen, sollen keine Verbrechen mehr entstehen können, weil man ja für alles haftbar gemacht werden kann. Klar ist weniger Kriminalität gut, doch man bekämpft damit wieder mal nur ein Symptom und nicht die Ursache. Das wäre – mal wieder – mein Ansatz. Woraus entsteht Kriminalität? Armut, Unzufriedenheit, Hunger, … All das müsste man abschaffen, um Kriminalität zu verhindern. Aber was ist mit den anderen “kleinen” Sünden, die Menschen begehen. Dinge, die wahrscheinlich jeder Macht, die gesellschaftlich, öffentlich aber ungern gesehen werden – Die soll jeder doch bitteschön in seinen vier Wänden machen. Doch auch das wäre nicht möglich mit Dauerbeobachtung. Es gibt Menschen, die leben für sich glücklich, aber werden von anderen für ihr Verhalten verachtet. Traurig aber wahr: Viele werden immer noch angefeindet, weil sie schwul oder lesbisch sind. Warum? Es tut niemandem weh, aber der Mensch im Allgemeinen fühlt sich durch diese andere Lebensweise angegriffen. Genau das Gleiche bei Vegetariern und Veganern – die Meisten wollen doch nur in Ruhe ihr Leben führen. Was ist mit Menschen, die nicht heiraten oder Kinder bekommen wollen? Das ist nicht normal in der Gesellschaft, oder eher die Ausnahme – sie werden komisch beäugt und man tuschelt vielleicht “och, wenn sie älter werden, wird das schon noch kommen”.

 

Warum sind Menschen so ignorant einander gegenüber? Das ist ein Thema, das mich immer und immer wieder aufregen kann. Immer wieder sehe ich die Lösung in allen Problemen, dass das Verständnis füreinander gestärkt werden muss. Man kann durch Überwachung nicht das Tier im Menschen unterdrücken. Das Böse gibt es nun mal. Neid, Gier und Eifersucht sind uns doch allen ein Begriff. Doch wenn diese über Jahre unterdrückt werden, weil man ja gut sein “muss” – Wo führt das hin? Wenn wir nur noch ein Scheinleben führen? Ich denke da zu gerne an Henrik Ibsen, der in seinen Werken zu gerne auf die Lebenslüge anspielt. Und jetzt kann ich mich selbst von gestern zitieren:

 

Das größte Problem der Menschheit: Tangiert mich ein Problem nur peripher, ist es für mich nicht existent.

Der Mensch ist das einzige Tier, das die Fähigkeit des Ignorierens perfektioniert hat

 

Es ist traurig und leider so wahr. Wann hört der Mensch endlich auf, Dinge zu ignorieren, die ihn nichts (oder noch nichts) angehen? Wir sind alle hier auf der Welt und zahlenmäßig den Tieren haushoch überlegen. Warum bekämpfen wir uns gegenseitig, statt uns zu unterstützen? Nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen. In der Familie werden Familienmitglieder schlecht gemacht. Warum? Um selbst besser dazustehen? Weil man sich von deren Lebensweise angegriffen fühlt? Warum muss man sich so stark in das Leben der anderen einmischen? Hat man mit seinem eigenen nicht genug zu tun? Warum stellt man sich über andere, weil man denkt, man hätte mehr Lebenserfahrung als die anderen?

 

Ich habe Menschen erlebt, die doppelt so alt sind wie ich und die in ihrer eigenen Lebenslüge feststecken. Sie leben nur für andere – das macht mich traurig, aber es ist ihre Entscheidung. Ich mische mich da nicht ein – wer bin ich denn, dass ich es könnte. Ich lebe mein eigenes Leben so, wie ich es will und empfinde stolz für alle Menschen, die es genauso halten!

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